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So vermeiden Sie abgenutzte Kommunikation – oder: Was die Immobilienbranche von Klopp, Streich und Tuchel lernen kann

2. Mai 2024 von Bernhard Bomke

Nach zwei Jahren darniederliegenden Transaktionsmärkten für Gewerbe- und Wohnimmobilien ergibt auch die x-te Lamento-Auflage kommunikativ keinen Sinn mehr. Es braucht neue Gedanken von Immobilienprofis, die wirklich etwas zu sagen haben. Für den wirksamen Auftritt gibt es Vorbilder im Fußball.

So vermeiden Sie abgenutzte Kommunikation – oder:  Was die Immobilienbranche von Klopp, Streich und Tuchel lernen kann

Die meisten Gesprächsinhalte nutzen sich irgendwann ab. Das ist nicht nur beim Wetter so, über das nach wenig wissenschaftlich erhobenen Eindrücken am meisten in Hamburg gesprochen wird. Üblicherweise hanseatisch-leidenschaftlich. Auch das nun schon zwei Jahre andauernde Lamento auf diversen Messen und Tagungen über die darniederliegenden Transaktionsmärkte für Gewerbe- und Wohnimmobilien reißt kaum einen mehr vom Hocker. Ist alles längst bekannt, der Befund der Baisse ist sachlich auch völlig zutreffend, aber: Gibt’s vielleicht noch andere Themen? Etwas Inspirierendes? Neue Gedanken, die idealerweise mal ohne die zunehmend abgenutzten Buzzwords Diversität, Nachhaltigkeit oder Ein-Wort-ihrer-Wahl (hier können Sie gerne ein beliebiges Wort einsetzen)-Wende auskommen? Oder braucht es einfach nur Immobilienleute, die ein Charisma wie Jürgen Klopp oder Christian Streich haben – und der Laden läuft bald wieder? Ganz so einfach vielleicht nicht, aber Kommunikation in schwierigeren Zeiten gelingt ohne Zweifel besser, wenn es die Typen dazu gibt, denen man ihre Botschaften obendrein abnimmt.

Nehmen wir Jürgen Klopp, den sie in Dortmund und Liverpool noch anbeten werden, wenn dort, was niemals passieren möge, gar kein Fußball mehr gespielt werden sollte. Klopp ist immer eine Nachricht, weil er Klopp ist und stets liefert. Nicht unbedingt die englische Meisterschaft, aber Witz, Botschaften, Leidenschaft, Glaubwürdigkeit und Authentizität. Er gilt als einer der besten Fußballtrainer der Welt, strahlt Begeisterung aus, punktet mit Eloquenz, hat hohen Unterhaltungswert und niemand hat einen Zweifel daran, dass er so ist, wie er zu sein scheint. Dazu passte sein „I’m the normal one!“, als er sich im Herbst 2015 in Liverpool vorstellte. Klopp gilt als echt und natürlich, was allein schon deswegen bemerkenswert ist, weil er erkennbar etwas nachhelfen ließ, damit es zur wundersamen Haarvermehrung Richtung Stirn und zum weißesten Weiß im Dentalbereich kam. Aber wurscht. Jürgen Klopp könnte zwei Nasen im Gesicht tragen oder noch finsterer dreinschauen, wenn ihm eine Schiedsrichterentscheidung mal wieder nicht passt: Die Menschen würden ihn trotzdem lieben. Selbst seine Abgänge in Dortmund und Liverpool transportiert er so souverän, dass sich die Frage stellt: Was gelingt ihm eigentlich nicht? Geht er demnächst über Wasser, wenn er – zumindest vorübergehend - nicht mehr an der Seitenlinie auf und ab laufen wird?

Erkenntnis für die Kommunikation von Spitzenleuten in der Immobilienwirtschaft: Von Klopp lernen, heißt überzeugen lernen. Also, transportieren Sie nicht nur Ihre fachliche Kompetenz. Die haben Sie. Liefern Sie mehr von sich. Etwas Originelles. Esprit. Vielleicht Witz. Seien Sie begeistert, ärgern Sie sich, transportieren Sie Ihre Immobilienthemen als Teil Ihres Lebens. Oder, um es leicht abgewandelt mit dem Oskar Lafontaine der 1990er-Jahre zu sagen: Nur wenn Sie selbst von Ihrem Tun begeistert sind, können Sie auch andere begeistern!

Nächstes Beispiel: Christian Streich. Alternativ-Namen: Erklärbar, Philosoph. Weil er sich nicht nur zu Fußball äußert, sondern auch zu allerlei Themen aus dem sonstigen Leben, der Gesellschaft, der Politik. Wie Jürgen Klopp ist Streich im Fußballgeschäft in diesem Leben vermutlich unkündbar. Bald gehen 13 Jahre als Bundesligatrainer beim SC Freiburg für ihn zuende. Weil er, den die Medien und viele Fußballfans lieben, Schluss macht. Wie Klopp erklärte er seinen Rücktritt mit nachlassender Energie für den Dauerhochstressjob des Fußballtrainers. Kein Warten darauf, dass irgendwann die Erfolge ausbleiben, sondern gehen, wenn’s am schönsten ist. Auch hier wieder: Das klingt ehrlich, menschlich, nahbar. Keine abgelutschte Formulierung so von wegen: „Wir haben uns im gegenseitigen Einvernehmen getrennt“. Auch nicht so, wie es unlängst ein Unternehmen aus der Immobilienbranche in einer offiziellen Mitteilung zur Trennung von einem führenden Mitarbeiter formulierte: „(…) haben wir wechselseitig festgestellt, dass eine optimale Passung nicht gegeben ist.“ Klopp und Streich käme eine solche Formulierung nicht über die Lippen. Oder wenn doch, würde ein Klopp dazu lauthals lachen und ein Streich würde die Wendung ironisch verpacken.

Erkenntnis für die Kommunikation in der Immobilienwirtschaft: Wenn ein, sagen wir, großes Maklerunternehmen und ein führender Mitarbeiter sich trennen, lohnt es sich, vor einer Veröffentlichung gründlich darüber nachzudenken, wie sie die Trennung nach außen kommunizieren. Gegenseitiges Einvernehmen? Freude auf neue Herausforderung? Das mag alles stimmen, aber es klingt austauschbar, abgeguckt, potenziell unwahr. Warum nicht mal ein Schuss mehr Klarheit und mutmaßliche Wahrheit? Zum Beispiel so: „(…) haben wir wechselseitig festgestellt, dass wir nicht optimal zueinander passen.“ Und falls ein Immobilienmanager tatsächlich zu seinem Ausstieg erklären sollte: „Meine Energie reicht nach all den Jahren nicht mehr, um auf diesem Niveau zu spielen“, dann gebührte ihm ein dreifaches Chapeau. Dieser Manager bliebe in Erinnerung. Kommunikationserfolg durch etwas Ungewöhnliches: betörende Ehrlichkeit.

Noch ein Fall: Thomas Tuchel. Ganz gleich, ob er die Bayern nach dieser Saison tatsächlich verlässt oder doch noch ein Deal zustande kommt, der ihn an der Säbener Straße in München bleiben lässt: Auch von Tuchel lässt sich lernen. Der bayerische Schwabe gilt im Vergleich zu Klopp und Streich als introvertiert, als Asket, nicht wirklich als Menschenfänger. Doch Tuchels Track Record ist überzeugend. Dortmund, PSG, Chelsea, jetzt die Bayern. Dazu FIFA-Welttrainer des Jahres. Da weiß einer, was er kann, und bleibt ganz er selbst. Auch jetzt, da ihm der Verein zum Ende der Saison gekündigt hat, zieht er sein Ding durch. Nicht mal Uli Hoeneß mit seinem aktuellen Reden davon, Tuchel verlange lieber neue Spieler, statt vorhandene junge Spieler besser zu machen, bringt den Erfolgstrainer aus der Fassung. Er spricht nur davon, er sei in seiner Trainer-Ehre verletzt, wenn ihm Hoeneß solche Vorwürfe mache – und macht seinen Job weiter auf Top-Niveau. Da ist einer auch auf der voraussichtlichen Zielgeraden beim anspruchsvollsten Verein der Republik so souverän, wie es nicht viele Menschen hinbekommen. Nicht im Fußball, nicht in der Immobilienwirtschaft.

Erkenntnis für die Kommunikation in der Immobilienwirtschaft: Auch wenn der Gegenwind aus allen Richtungen kommt, muss ein Immobilienunternehmen nicht sprachlos sein. Stattdessen: Höggschde Konzentration auf sein Kernbusiness, wissen darum, was die eigenen Stärken sind und auf dieser Basis kommunizieren. Warum nicht bei irren Gesetzesänderungen, plötzlichem Fördermittelchaos oder enttäuschtem Vertrauen zu Geschäftspartnern mal sagen, darob in seiner Kaufmanns-Ehre verletzt zu sein? Das verspricht kommunikativ mehr Nachhall, als das hundertfünfzigste 08/15-Bashing einer Regierung oder einer Zentralbank.

Bevor sich Ihre Gesprächsinhalte also abnutzen, versuchen Sie es mit neuen. Kompetenz mit Esprit, Überzeugung mit Gefühl – oder Leidenschaft mit angemessen emotionalem Vokabular verschaffen Ihnen die Chance, kommunikativ besser durchzudringen. Wo Immobilienwirtschaft gelebt wird, mag es zwar immer wieder nicht optimale Passungen geben. Aber es gibt auch in lästig lange schwierigen Zeiten Möglichkeiten, sich mit individuellem, ungewöhnlichem Auftritt Gehör zu verschaffen. Versuchen Sie’s mal. Viel Glück dabei!

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